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Marzieh Ebrahimi

„Säure existiert, um dich aus dem Leben zu entfernen. Mit einem Säureangriff möchte man dir sagen, dass du dich nicht verlieben oder dass du keine Mutter sein sollst. Du sollst nicht arbeiten oder an der Gesellschaft teilnehmen können. Menschen, die so etwas tun, wollen damit bezwecken, dass dich von nun an jeder hasst und sich von dir abwendet. Aber ich lasse all das nicht zu. Ich beweise allen, dass ich kein Opfer sein möchte und dass ich kein Opfer bin.“

 

 

Marzieh Ebrahimi Porträt
120cm × 100cm
Acryl auf Leinwand

Marzieh Ebrahimi

Die Iranerin Marzieh Ebrahimi ist eine Überlebende der Säureangriffe, die sich 2014 in Isfahan gezielt gegen Frauen richteten. Die Attacken laufen damals immer gleich ab: Die Täter schlängeln sich auf einem Motorrad durch den stockenden Verkehr und schauen in die langsam vorankommenden Autos hinein. Sitzt eine Frau bei geöffnetem Fenster am Steuer, schütten sie ihr Säure ins Gesicht und verschwinden im Verkehrschaos.

Als Marzieh Ebrahimi damals beim Einparken in den Rückspiegel schaut, ändert sich ihr Leben für immer. Ihre linke Gesichtshälfte, ihr Hals und ihre Hände werden von der Säure verätzt. Das Auge der 25-Jährigen kann nicht gerettet werden. Doch nach einigen Monaten sozialer Abgeschiedenheit will die einstige Hebamme kein Opfer mehr sein. Sie will ihre Stimme für all jene erheben, die selbst nicht dazu in der Lage sind.

2018 lässt sie sich von der Fotografin Negar Masoudi ablichten, um mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen und strengere Gesetze zu fordern. Nach der Fotoausstellung in Teheran sucht Marzieh Ebrahimi gemeinsam mit drei weiteren Opfern, deren Angreifer nie gefasst wurden, die Abgeordneten auf und bittet sie persönlich um Unterstützung. Am 20. Mai 2019 verabschiedet das iranische Parlament einen überarbeiteten Gesetzesentwurf, der längere Haftstrafen für Täter und Ausgleichszahlungen für Opfer vorsieht.

Text: Diana Ringelsiep

Marzieh Ebrahimi

"Acid is out there to eliminate you from life. The acid attacker wants to tell you that you cannot fall in love, become a mother, work, and stay in the society. The acid attacker wants to tell you that from now on, anyone who sees you will not like you. But I turned a deaf ear to all these words. I told everybody that I do not want to be, and I am not a victim."

The Iranian Marzieh Ebrahimi is a survivor of the acid attacks that targeted women in Isfahan in 2014. Back then, the attacks were always the same: the perpetrators meander through the slow traffic on a motorcycle and look into the slowly moving cars. If a woman sits behind the wheel with the window open, they pour acid on her face and disappear into the traffic chaos.

When Marzieh Ebrahimi looked in the rear-view mirror while parking, her life changed forever. The acid burns the left side of her face, neck, and hands. The eye of the 25 year old cannot be saved. But after a few months of social isolation, the former midwife no longer wants to be a victim. She wants to raise her voice for all those who are unable to do so themselves.

In 2018 she was photographed by the photographer Negar Masoudi in order to go public with her story and demand stricter laws. After the photo exhibition in Tehran, Marzieh Ebrahimi and three other victims, whose attackers were never caught, visited the Members of Parliament and asked them personally for support. On May 20, 2019, the Iranian parliament passed a revised draft law that provides for longer prison sentences for perpetrators and compensation for victims.

 

Marzieh Ebrahimi Portrait
100cm x 100cm
Acrylic on Canvas